Deutschsprachige Piaget-Bibliographie - Titeldetails


Autor: Gruber, Silvia
Titel: Zur Lügenauffassung des Kindes: Das Verhältnis von moralischem Denken und der Bedeutung des Wortes "Lüge".
Jahr: 1985
Herausgeber:    
Zusatz/Reihe: Dissertation:Universität Salzburg, Naturwissenschaftliche Fakultät
Ort: Salzburg
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Schlüsselwörter: moralische Entwicklung; Lügenauffassung; Studie

Abstract:
In sieben Experimenten wird geprueft, ob die Behauptung von Piaget, dass sich junge Kinder bei der Begriffsbestimmung und moralischen Bewertung der Luege auf den Wahrheitswert der Aussage bzw. auf die materiellen Folgen der Aussage beziehen, richtig ist. Bei insgeamt 421 vier- bis sechsjaehrigen Kindern wurden das lexikalische Urteil (Experiment 1-4 und 6-7), das moralische Urteil (Experiment 5-7) und der Zusammenhang zwischen diesen beiden (Experiment 6 und 7) untersucht. Es zeigte sich: (1) Lexikalisches Urteil: Der wichtigste Befund betraf die kindliche Bedeutung und ihren Gebrauch des Wortes "luegen". Von jenen Vier- bis Sechsjaehrigen, die den falschen Glauben des Sprechers (Glaubensfrage) und das unabsichtliche Zustandekommen seiner falschen Aeusserung (Intentionsfrage) verstanden, bezeichneten fast alle die unbeabsichtigte falsche Aeusserung des Sprechers als Luege. Dieser Befund bestaetigte Piagets Behauptung vom intentionsunabhaengigen realistischen Luegenbegriff junger Kinder. (2) Moralisches Urteil: Als Hauptbefund kann hier das ueberraschend geringe Auftreten von moralischem Realismus in den moralischen Urteilen der Kinder angesehen werden. Dies steht im Widerspruch zu den uebereinstimmenden Berichten ueber die Existenz von moralischem Realismus durch Piaget und einige Nachfolgestudien, die zumindest bis zum 7. Lebensjahr realistische moralische Urteile fanden. Moegliche Erklaerungen fuer diesen Befund werden diskutiert. (3) Zusammenhang zwischen moralischem und lexikalischem Urteil: Das wesentliche Ergebnis jener zwei Experimente, die das Verhaeltnis zwischen dem moralischen Denken und der Bedeutung von "luegen" direkt untersuchten, ist die grundlegende Diskrepanz zwischen moralischem und lexikalischem Urteil. Waehrend fast alle Vier- und ein betraechtlicher Teil der Sechsjaehrigen ihr lexikalisches Urteil auf dem Wahrheitswert der Behauptung basierten und jenen Sprecher, der unabsichtlich eine falsche Behauptung machte, einer Luege bezichtigten (lexikalischer Realismus), zogen viele Vier- und die meisten Sechsjaehrigen fuer ihr moralisches Urteil die "wahrhafte" Absicht des Sprechers als relevantes Urteilskriterium heran (moralischer Subjektivismus). (Autor/Udo Wolff - ZPID)